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Winterradtour 2003

Im Januar von Stralsund über Polen nach Anklam Hinweis auf eine Treibjagd

Nach zwei Jahren Pause unserer Wintertouren, einem neuen Erdenbürger und einem größeren Fahrradladen, geht es 2003 wieder los. Diesmal soll sich der Radtourenkreis durch Mecklenburg-Vorpommern schließen: Im Süden sind wir über die Mecklenburger Seenplatte bis Anklam gefahren, im Norden von Schwerin über Stralsund nach Rügen. In diesem Jahr geht's von Stralsund über Usedom nach Polen. Enden soll die Tour in Anklam.

Für Anfang Januar sind die Temperaturen zwischen Stralsund und Usedom relativ mild: Kurz über dem Gefrierpunkt können wir sogar ohne Handschuhe fahren. Der Wind kommt allerdings meist von vorn und kühlt uns durch. Jede kurze Pause, um mal einen Keks zu essen oder einen Schluck eiskaltes Wasser zu trinken, wird zügig beendet, um beim radeln wieder warm zu werden.

Von Stralsund Richtung Greifswald führt der Ostsee-Radfernweg an der B 96 entlang. Wir wollen den Lärm der großen Straße vermeiden und weichen ins Landesinnere aus. Beim radeln über kleine, verkehrsarme Straßen gewöhnen wir uns an die Last auf den Rädern - und unsere Beine an die Last des Tretens. Zwar sind wir beide im letzten Jahr einige Radrennen gefahren, aber aus ehemals sportlichen Ambitionen auf die ersten Plätze geht es mehr um durchhalten und den Spaß an der Sache. Nach einigen Monaten Trainingspause und leckeren Gänse- und Entenbraten über die Weihnachtstage fällt der Einstieg doch schwer.

Schnell hat uns unsere gewohnte Tourroutine wieder: Die kleinen, verkehrsarmen Straßen werden zu Feldwegen und irgendwann stellen wir fest, daß wir uns verfahren haben. Mühsam schieben wir unsere Räder aus dem tiefsten Wald in Richtung einer Straße: Immer das gleiche mit Abkürzungen und "kleinen Straßen".

Brücke in WieckAn Greifswald fahren wir im Norden vorbei und überqueren die Ryck bei Wieck über eine wunderschöne Brücke, die uns an Holland erinnert. Dorthin führten unsere ersten Winterradtouren, als wir vor fast zwanzig Jahren mit solchen Kurzradreisen im Winter begannen. Für einige Kilometer nutzen wir den Ostseeradweg, bis wir direkt nach Wolgast fahren, um noch am ersten Abend auf Usedom zu sein.

Mit traumhaften Wetter empfängt uns die schöne Insel und nun folgen wir dem Ostseeradweg gerne weiter. Ganz im Westen der Insel führt der einsame Weg am Cämmerer See vorbei, bevor wir nach Peenemünde kommen. Wenige Kilometer später schauen wir uns nach Zeltplätzen um und finden den wohl Schönsten der letzten Jahre: Nach über 100 Kilometern schlagen wir direkt an der Ostsee unser Zelt auf, die Eisschollen liegen am Strand und das Lagerfeuer knistert.

Am nächsten Morgen ist das Zelt leicht mit Eis überzogen, und es kostet wie immer einige Überwindung, aus dem warmen Schlafsack zu kriechen. In Zinnowitz finden wir schnell einen Laden, wo wir Milch und Brötchen kaufen können - es ist nicht lange her, als ich mir hier die Vinetafestspiele angesehen habe.

Gefrühstückt wird am Strand, wobei uns die vorbei gehenden Wanderer mit einem Lächeln ansehen. Den ganzen Tag radeln wir an der Küste Usedoms entlang. Ein traumhafter Radweg, der sehr gut ausgeschildert ist. Überrascht sind wir von den steilen Bergen, die uns unverhofft erwarten. Bis zu 18 % Steigung! Wer hätte das hier erwartet? Glücklicherweise sind die Berge nur kurz. Im Sommer, wenn vermutlich Dutzende Radfahrer diesen Radweg nutzen, wird hier sicherlich viel Zeltplatz direkt am Ostseestrandgeschoben.

Die Strecke zwischen Bansin und der polnischen Grenze läßt uns öfter anhalten und die wunderschönen Häuser bestaunen, die hinter den Schutzdünen liegen. Restaurierte Villen und Holzhäuser, die an russische Datschas erinnern, reihen sich aneinander. Nach Besichtigung der Seebrücken von Bansin und Heringsdorf schauen wir uns auf dem Markt an der Grenze zu Polen um. Warum kaufen die Menschen ausgerechnet an dieser Stelle soviel Ramsch? Wir können es uns nicht erklären, fügen noch einige Brötchen unserem Proviant hinzu und fahren über die Grenze.

An der erst besten Wechselstube tauschen wir Euro in Sloty und wollen zur Fähre. Der Ausschilderung folgend landen wir auf der Autofähre im Süden Swinemündes, was einen kleinen Umweg bedeutet. Dort werden wir nett begrüßt: Ein Pole freut sich riesig darüber, daß wir sein Land in dieser Jahreszeit mit dem Fahrrad bereisen, drückt uns die Hand und wünscht uns eine angenehme Fahrt. So wird man gern in einem Land willkommen geheißen.

18% Steigung in Mecklenburg-Vorpommern!Wir übernachten erneut direkt an der Ostsee und bestaunen den unendlich langen, unberührten Strand. Hier hat der Tourismus noch keine Spuren hinterlassen. Die mittlerweile ungenutzte Militärbasis in unserem Rücken stand einem Tourismuspark bisher allerdings auch im Wege.

Den ganzen nächsten Tag radeln wir durch kleine polnische Dörfer. Selbst am Sonntag bekommen wir Milch und Brot in den Geschäften. Wenn wir nach dem Weg fragen müssen, unterhalten wir uns mit Händen und Füßen und beide Seiten haben ihren Spaß daran. Die meiste Zeit fahren wir durch den Wollin Nationalpark und genießen die fast autofreie Natur.

Am späten Nachmittag sind wir wieder in Swinemünde und kaufen noch ein wenig einheimische Hefekaltschorle, um sie am Lagerfeuer zu genießen. Das Feuer brennt aber auf deutschem Boden, auf Usedom. Wir haben den Ostseeradweg wiedergefunden und radeln auf traumhaften Wegen im Süden Usedoms entlang. Wir entdecken einen netten Lagerplatz, der sich mit denen der letzten beiden Nächte aber nicht messen kann.

Unser letztes Winterradtouren-Frühstück nehmen wir bei Mönchow ein, mit Blick auf die alte Hubbrücke, die früher einmal auf das Festland führte. Hier treiben Eisschollen im Wasser und leichter Regen kommt auf. Müsli mit Regenwasser ist zwar keine Delikatesse, aber es läßt sich essen. Frühstück am Strand

Wir fahren auf dem Seenradweg bis nach Anklam und steigen dort in einen Zug nach Stralsund. Unsere kleine Winterradtour durch wunderschöne Landschaft ist damit vorbei. Gut 300 Kilometer sind wir in diesem Jahr gefahren und müssen wie jedes Mal feststellen, daß Radtouren in Mecklenburg-Vorpommern traumhaft sind. Nirgendwo sonst in Deutschland kann man auf so unkomplizierte Art mit dem Rad reisen, unauffällig sein Nachtlager aufschlagen und die Natur genießen. Im Sommer wird auf dieser Strecke allerdings kaum wildes Zelten möglich sein: Aber dann haben ja auch die zahlreichen Zeltplätze und Herbergen geöffnet.